Jaeki Hildisch • 28. März 2021
2. Maschinenpistole für den inneren Frieden

Roland Klick, deutscher Filmregisseur und kein Kind von Zimperlichkeit, wie sein Filmschaffen beweist, portraitiert in seinem Spielfilm “Supermarkt”, Erstaufführung Januar 1974, den (vermeintlich) sozialen Abstieg eines jungen Mannes, dessen Frust über sich und die Welt in einer Gewaltorgie mündet. Zumindest für den Zuschauer auch irgendwie befreiend.
Natürlich kann man im echten Leben nicht losgehen und einfach Leute umballern, wenn man von irgendwas genervt ist; aber im Film geht eben doch einiges.
Dem damaligen Gefüge des sich gerade gefundenen Autorenfilms war das alles etwas zu einfach, macholastig und anti-pc. Auf der anderen Seite würde man heute rückblickend sagen auch volksnaher.
Der Film lässt sich aber auch als Abrechnung mit der Hippie-Liebheit werten. Wie auch “Rocker”, ebenfalls von Klick, frustet und ballert sich der Film durch Hamburg und die dortige Reeperbahn, bevor diese ein Tourismus-Muss wurde.
Noch etwas weiter im Norden, an der titelgebenden Nordsee, spielt auch “Nordsee ist Mordsee“ von Hark Bohm. Unter anderem haben Filme wie “Supermarkt”, “Rocker”, “Nordsee ist Mordsee” das norddeutsche Platt als coolsten deutschen Slang zementiert. Nordisch By Nature also damals schon. Hamburg galt im Bundesdurchschnitt als härtere und zwingendere Stadt. Die Hamburger Musikszene zauberte eine ganze Batterie von unterschiedlichsten Talenten hervor. Nicht nur Übervater Lindenberg: beim Punk waren das Abwärts, X-Mal Deutschland, Buttocks, Razor, Die Zimmermännern und vielen andere. Später dann für den deutschen HipHop Fettes Brot, Absolute Beginner, Fünf Sterne Deluxe und Samy Deluxe (Satz umbauen). Plus diverse Generations-Plattenlabel wie ZickZack, Whats so funny ?, Yo Mama, Eimsbush, Tapete oder Grand Van Cleef. Dass es sogar eine Genre-Bezeichnung wie Hamburger Schule für Bands wie Tocotronic, Die Sterne, Blumenfeld, Tomte und Kettcar gibt, sagt uns einiges.
Eine andere Maschinenpistole machte zur gleichen Zeit die Runde, nämlich als Logo der RAF. Bitterer Humor der Geschichte: anstelle der aus ideologischer Sicht favorisierten Kalaschnikow, baute der zuständige Grafiker, nichts Böses ahnend, das Image einer MP5 ein – der Maschinenpistole, die zeitnah zur Grundausstattung deutscher Polizisten avancieren sollte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Supermarkt_(Film)